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Leseprobe Verschwörung beim Heurigen

Auszug aus Kapitel 3

Das Tor der Scheunengasse war angelehnt, das Schloss nicht eingeschnappt, und er trat ein. In der Durchfahrt zur Scheune war niemand, aber in der Scheune hörte er Schritte. Doch der Hof war leer, nur die Oleanderbüsche raschelten. »Maria?«

Carl erhielt keine Antwort. Als er fast das Ende der Durchfahrt erreicht hatte, hörte er vor sich feste, harte Schritte, Schritte, die er nie wieder vergessen sollte. Es waren nicht die von Maria. Er sah die Beine eines Mannes, den Rücken im Rahmen der vorderen Tür, die Gestalt verschwand zur »guten« Seite hin. Hinter ihr knallte die Tür zu, laut hallte es durch den Hof.

»Maria! Hallo, ich bin's, Carl . . .« Die Worte klangen hohl. »Maria?«

Er wandte sich nach links der Scheune zu, das Tor stand offen, drinnen war es dunkel – hatte er nicht eben Licht gesehen? Da lag was, er schaute genauer, seine Augen mussten sich erst ans Dunkel gewöhnen. Ja, etwas Längliches, weiter hinten, zwischen einem Eisenträger und einer Maschine. O Gott – da lag – ein Mensch?

Es war Maria. Sie lag auf dem Rücken. Die Augen aufgerissen, schreckgeweitet, die Arme ausgestreckt, die Hände verkrampft, Halt suchend, das blonde Haar, der Kopf in einer Blutlache . . . Nein, das konnte nicht sein. Carl schloss die Augen und schlug sich die Hände vors Gesicht. Er wagte kaum zu atmen, trotzdem ging er auf sie zu, wollte sich niederbeugen, wollte, wie er es im Film gesehen hatte, an der Halsschlagader fühlen, ob noch Leben in ihr war, stattdessen legte er die Fingerspitzen an den eigenen Hals und fühlte nichts. War Maria abgestürzt, oben von der Balustrade, oder vom Zwischenboden gefallen? Er sah hinauf. Mein Gott, was stehe ich hier rum, ich muss was tun, aber was? Der Mann, der eben losgerannt war, holte der den Arzt? Oder war der – weggerannt?

So allein, wie hier im Angesicht der Toten, war Carl nur in dem Moment gewesen, als er vom Tod seiner Eltern erfahren hatte. Vielleicht ist man sonst nur im Tod so allein, schoss es ihm durch den Kopf. Er sah Marias lebloses, entsetztes Gesicht, das Gesicht von vor einer Viertelstunde, dazwischen lag ein ganzes Leben, vielmehr der Tod. Carl fühlte sich, als wäre er der einzige Mensch auf der Welt, als gäbe es alle anderen acht Milliarden nicht. Er blickte auf, sah die Schatten, die kleinen Lichter der Kellerbeleuchtung, den Sicherungskasten, hörte ein Summen, ein Schimmer fiel durch die Fenster oben in der Wand, ein Reflex lag auf dem glänzenden Edelstahl. Sonst war es dunkel. Stand dort jemand? Ihm wurde kalt, seine Haare sträubten sich, die Gänsehaut erfasste den gesamten Körper. Er meinte, einen Schemen zu sehen, es war ein Schatten, nur wovon?

Carl schauderte. So nah war er dem Tod noch nie gewesen. Grauen packte ihn, er war gelähmt, er hatte Angst. Zögernd kniete er nieder, streckte den Arm nach Maria aus, berührte ihr Gesicht, es war warm – es war warm? Er sprang auf: »Hilfe, Hilfe . . .«, schrie er und rannte in den Hof, ». . . Hilfe! Hilfe! Maria ist . . . ein Arzt . . .«

Jemand eilte aus dem Barriquekeller herauf, es war der junge Kroate, der als Gehilfe beschäftigt wurde, Carl hatte ihn unten zwischen den Fässern hantieren sehen. Im ersten Stock des Wohnhauses öffnete sich ein Fenster, eine Frau schaute heraus, stieß einen Blumentopf von der Fensterbank, der im Hof krachend zerschellte und Carl zurückspringen ließ. »Einen Arzt, schnell, Maria . . . in der Halle . . .«

Marias Vater kam keuchend herbeigerannt, kniete neben seiner Tochter nieder, der Kellermeister kam, hockte sich auf die andere Seite, sah das Blut an Marias Kopf und Mund und schrak zurück, er sah den Vater an, als würde der sagen, was zu tun sei. Die Hausangestellte brachte das Telefon. »Ich habe gerufen, die Rettung, Jesus, Maria . . .« Die Ungarin mit der kehligen Stimme hielt den Apparat weit von sich gestreckt, als wären die Worte im Apparat stecken geblieben. In anderen Zeiten, erinnerte sich Carl, waren die Überbringer schlechter Nachrichten erschlagen worden.

Weiß wie eine Wand, noch immer keuchend und mit aufgerissenen Augen nahm Bruno Sandhofer ihr das Telefon ab. Dann blickte er auf seine Tochter herab, fühlte nach dem Puls, ergriff ihre Hand und führte sie an die Stirn. Carl sah ihm mit schreckgeweiteten Augen zu.

Kurz darauf kam der Arzt, der schräg gegenüber praktizierte, außer Atem – zehn Minuten später traf der Rettungswagen mit dem Notarzt ein, und nach einer Weile hörten alle das Motorengeräusch eines Hubschraubers, dessen Pilot einen Landeplatz suchte. Schnell waren sie, das musste man ihnen lassen, eine derartige Geschwindigkeit hätte er den gemütlichen Österreichern nicht zugetraut.

Was kommt mir für abstruses Zeug in den Kopf, wunderte sich Carl und betrachtete die Tote. Wie lieb sie gewesen war, ein Mensch, der niemandem etwas zuleide hätte tun können. Er hatte sie ein einziges Mal gesehen, letztes Jahr in Stuttgart, und in den neun Monaten, die zwischen dem ersten und dem zweiten Treffen lagen, hatte er sie nicht vergessen, ein paar Telefonate, hin und her . . . Er hatte das Gefühl, sie schon viel länger zu kennen. War das immer so, wenn man sich verliebte? Er glaubte sich daran zu erinnern, wie es bei Johanna gewesen war, fünfzehn Jahre war das her. Sie hatte sich verändert, sie sah nicht nur anders aus, so vieles hatte Spuren hinterlassen, besonders seit sie für Environment Consult & Partners arbeitete. Sein Freund Bob meinte immer, Menschen würden sich nicht verändern, sie würden nur schlimmer – böser.

Lächerlich, was da in seinem Gehirn tobte. Vor ihm lag – ja, sein Traum – und er sah auf die Uhr? Er tat es zum wiederholten Mal, seit er vorhin auf der Landstraße gewendet hatte. Es war kurz nach halb acht – vor einer halben Stunde hätte er Johanna abholen sollen. Hätte er sie nicht abholen müssen, wäre er geblieben, und Maria wäre nicht . . . Nein! So durfte man nicht denken. Wieso nicht?
Nach einer kurzen Untersuchung waren sich die Ärzte einig: Ihr war nicht mehr zu helfen. »Der Sturz war tödlich«, erklärte der Notarzt, »obwohl sie nicht sehr tief gestürzt ist, von dort oben.« Er sah hinauf zur Zwischendecke. Es waren keine fünf Meter. Auch Carl schaute hinauf. Kalt und hart schimmerten die Tanks aus Edelstahl. Bei einem von ihnen stand die untere Klappe offen, durch die der Trester entfernt wurde: wie ein aufgerissener Mund, der etwas zu sagen hatte.

 


Auszug aus Kapitel 8

Auch im Anzug machte Hansi Petkovic eine gute Figur, ein offenes weißes Hemd, eine dunkle Hose, die Jacke hatte er über die Schulter geworfen. Wo mochte er gewesen sein? Er hatte ihr gestern gar nichts von einem wichtigen Termin gesagt. Seltsam. So geschäftlich gefiel er ihr auch gut, das elegante Auftreten passte zu ihm. Aber anders hatte sie ihn lieber, seine Lässigkeit, seine Art zu gehen, das Wilde, Ungestüme, er war fordernd, wohl nicht sehr rücksichtsvoll, das war auch nicht mehr gefragt, dafür bahnte er sich seinen Weg. Genau das hatte sie bei Carl immer vermisst. Aber war sie nicht viel zu intellektuell für diesen – Naturmenschen? Außerdem war er pausenlos den Verlockungen des jungen Gemüses ausgesetzt, das den ganzen Tag im Bikini oder Tanga um ihn war. Hätte sie da noch eine ruhige Minute? Den letzten Gedanken tat sie schnell beiseite und fiel ihm um den Hals.

Sich übertrieben Luft zufächelnd machte er sich los. „Sogar dafür ist es heute zu warm, kaum zum Aushalten, findest du nicht? Verschieben wir es auf den Abend.“ Er sah ihr in die Augen, doch als er sich umschaute, wurde er schnell missmutig, was er sah, behagte ihm nicht, er rümpfte die Nase. „Absolute Flaute, beschissen fürs Geschäft.“

Er warf das Sakko über einen Stuhl, riss sich das Hemd auf und lümmelte sich hinter seinen Schreibtisch im Pavillon, wo er sich mit einem der Junglehrer besprach. Johanna ein Lächeln und ein Augenzwinkern hinwerfend ging er zum Wohnwagen, kam in der Badehose zurück, rannte – Johannas und die Bewunderung der Mädchen auf sich gerichtet wissend - über den Rasenplatz, stürzte sich kopfüber ins Wasser und kraulte quer über die Bucht. Keuchend und triefend kam er zurück.

„Kennst du dich mit Wein oder den Winzern aus?“, fragte Johanna. Diesmal war sie es, die ihm einen Großen Braunen holte, als er sich tropfnass neben sie kauerte.

„Man schnappt was auf. Außerdem kenne ich einen Winzer persönlich, einen Star, der macht super Weine. Wir besuchen ihn mal, demnächst, und probieren. Du wirst ihn mögen, starker Typ ...“

„Darum geht es nicht“, unterbrach Johanna, „kennst du diese Winzerinnenvereinigung von den Frauen, die SIEBEN?“

„Wo diese Sandhofer mitgemacht hat? Fängst du schon wieder an? Bis du sensationsgeil? Schau in die Krone, das seht jeden Tag was dazu drin.“

„Was ist das für ein Verein?“

„Die SIEBEN?“ Hansi zuckte ratlos mit den Achseln. „Schau, das sind halt Frauen, die machen auf sich aufmerksam, wie alle, wie die anderen Winzer, ist halt `ne Winzervereinigung. Wahrscheinlich Kaffeeklatsch. Vielleicht wollte sie keiner bei den anderen Clubs.“

„Welchen anderen? Gibt es noch andere Frauen…“

„Nicht für Frauen, für alle, gemischt. Ich weiß nicht, wer damit angefangen hat. Den Verband Renommierte Weingüter Burgenland gibt’s seit zehn Jahren. Dann ist da noch’n Verein, Ganz in Weiß, denen geht’s um Weißweine, nicht ums Heiraten.“ Hansi gluckste, schlürfte seinen Kaffee und dachte nach. „Den Cercle Ruster Ausbruch haben wir noch. Auch gemischt, Frauen und Männer, da sind nur Winzer aus Rust dabei, die machen Süßwein. Der entsteht irgendwie durch Schimmelpilze, aber frag mich nicht, wie das funktioniert. Die müssen alle zusehen, wie sie ihre Weine loswerden. Es gibt unendlich viele Winzer, und man muss hoch springen, damit man auffällt. Da hilft nur cleveres Marketing.“

„Sonst weißt du nichts über die SIEBEN?“

„Emanzen eben. Da war diese Maria Sandhofer drin, wie ich gehört habe, eine ziemlich verbiesterte Ziege, die soll den Verein mit gegründet haben, mit einer hier aus Mörbisch, nicht? Die Frauen haben ihre Weingüter geerbt, glaube ich. Oder der Vater ist gestorben, der Ehemann, oder sie mussten dem Papa helfen, wer weiß. Dann haben sie die Betriebe übernommen, und die ganze Familie arbeitet wie bescheuert. Die leben von der Selbstausbeutung.“ Nach einer kurzen Pause blickte er auf: „Sag mal, Johanna. Du hast mich gestern schon damit genervt. Was interessiert dich das? Was ist da am Laufen? Heute habe ich gelesen, dass sie zwei Spuren verfolgen.“

„Und welche?“ Johanna beschäftigte sich intensiv mit einem ihrer Zehen um den Eindruck zu erwecken, als würden sie die Schlammspuren an der Fußsohle weitaus mehr interessieren.

„Keine Ahnung. Die Zeitung liegt auf dem Schreibtisch.“ Hansi streckte sich im Gras aus und schloss die Augen. „Bei den Winzern ist es lange nicht so cool wie bei uns, auf dem Rasen rumlungern, wenn kein Wind ist. Aber das hört auf, das sag ich dir, wenn wir das neue Zentrum haben.“

War er nun überzeugt oder bloß selbstgefällig? Johanna entschied sich für die freundlichere Einschätzung. Sie ließ sich ebenso zurückfallen, starrte in den dunstigen Himmel und fand ein anderes Thema, sie seufzte. „Wieso ist das heute bloß so entsetzlich heiß?“ „Klimaänderung. Wird von Jahr zu Jahr wärmer - das sagen nicht nur die Alten, auch die Winzer, schlecht für die Trauben“, fügte er rasch hinzu, um seinen Worten mehr Gewicht zu geben. „Ich bin seit fünf Jahre am See. So warm wie heuer war es noch nie. In den vergangenen Wintern gab’s auch keinen Schnee mehr, aber letzten Winter hatten wir welchen, sogar ziemlich lange, wohl in ganz Europa, oder? Da braut sich was zusammen ...“