Paul Grote, Jahrgang 1946, wuchs in Berlin auf und siedelte
dann für einige Jahre nach Hannover über.
Nach dem Ende der Schulzeit begann er in Düsseldorf eine
Lehre als Werbekaufmann. Eine schnelle und steile Karriere
in der Werbebranche schloss sich an. Wie es bei solchen Karrieren
häufig der Fall ist, stößt man auch bald an
ihre Grenzen: Paul Grote spürte rasch, das es nicht seine
Sache war, Speiseöl, Schokolade oder Automobilhersteller
schön zu reden.
Ihn interessierten der Mensch, seine Umwelt und seine Beweggründe
(die Abgründe kamen erst später hinzu). Was lag
da näher, als Gesellschaftswissenschaft zu studieren?
An rasche Ortswechsel gewöhnt, zog er zum Studium nach
Hamburg – in eine WG auf dem Kiez.
Nach Soziologie kam Politologie – danach schloss sich
ein längerer Aufenthalt in Wien an, wo er eine Rockgruppe
managte. Doch Wiener Schmäh und preußische Arbeitsauffassung
vertrugen sich weniger. Also kam Hamburg wieder in Betracht
und dort die Arbeit für ein großes Verlagshaus.
Was bringt Menschen dazu, bestimmte Wege zu gehen? Sind es
Vorbilder? Politische Ideen? War es Hamburg als Tor zur Welt
oder der Onkel, der vor dem II. Weltkrieg nach Uruguay auswanderte,
der das Interesse für Südamerika weckte?
Einer Reise nach Mexiko schlossen sich andere nach Nicaragua
an – lange bevor die deutschen Kaffeepflückerkolonnen
dorthin aufbrachen. Als ihre Zeit begann, reiste Paul Grote
nach Brasilien. Drei Monate sollten es werden, anderthalb
Jahrzehnte sind es geworden, und das größte Land
Lateinamerikas wurde seine zweite Heimat, offen und großzügig
wie Einwanderungsländer nun einmal sind... dazu chaotisch,
brutal und voller Lebenslust.
Es mag absurd klingen, die Seenlandschaft um Berlin mit dem
Mündungsgebiet des Amazonas zu vergleichen. Doch die
Verbindung von Wasser und Wald, als Kind auf dem Wannsee und
der Havel erlebt, war so prägend, dass Grote sich besonders
im Amazonasgebiet heimisch fühlte. Was da im Wasser schwamm
und im Urwald kroch, stand auf einem anderen Blatt.
Man konnte es in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung lesen,
im Zeit–Magazin, bei Merian und Geo (siehe Menüpunkt
Reportagen/Fotos). Sechs Jahre verbrachte Grote am Amazonas,
der Landschaft seines Lebens, wie er die Welt aus Flüssen,
Urwald und Geschichten nennt. Goldsucher, Buschpiloten, Gummizapfer,
Fischer und Gangster, Farmer, Militärs und Ingenieure,
von ihnen erzählte er in seinem Buch „In Amazonien“,
das bei Rowohlt erschien.
Doch Brasilien ist doppelt so groß wie das Amazonasgebiet.
Der Süden wartete mit Themen wie den afro-brasilianischen
Religionen, in Salvador da Bahia der Ethnologe und Mystiker
Pierre Fatumbi Verger. Er gewöhnte ihm das Fragen nach dem Warum ab. Der
koloniale Barock begeisterte, und Oscar Niemeyers faszinierendes
Brasilia machte grübeln. |
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Im Pantanal begleitete er
die Umweltpolizei bei der Jagd nach Krokodiljägern,
in Sao Paulo die Einführung der A-Klasse von Mercedes.
‚Die Schöne unterm Zuckerhut’ nannte er
seinen Bericht über die angenehmen Seiten von Rio de
Janeiro, mit ‚Krieg den Hütten’ überschrieb
FOCUS seine Reportage über den Drogenkrieg dieser Stadt.
Doch Belo Horizonte, im brasilianischen Bergland und erst
hundert Jahre alt, begeisterte ihn mehr und ließ ihn
bleiben. An dieser Stadt mit einer Skyline wie Manhattan
waren einst die Karawanen auf ihrem Weg an die Küste
vorübergekommen, beladen mit Gold und Diamanten für
Europa. Diesen Pfaden folgte er mit brasilianischen Freunden
– und entdeckte bei Geländeritten seine Liebe
zu den Pferden. Was lag da näher, als sich in Argentinien
über die Zucht von Polopferden zu infomieren?
Doch in den argentinischen Anden öffnete sich noch
ein neuer Horizont: der Wein - und mit ihm eine ganze Welt.
Die fand er auch in Chile, im Valle Central und nicht in
den Kupferminen von Chuquicamata oder im Palast La Moneda,
wo er Präsident Allendes letzten Getreuen traf. In
Bolivien jedoch holte ihn die Gegenwart wieder ein, die
Weltbank, Soja und die Vertreibung der Indianer.
Radiofeature über die Galapagosinseln folgten, Berichte
über Ölförderung im Urwald Ekuadors. Schlimmer
noch als die Zeit nach dem Bürgerkrieg in El Salvador
war Medellin, die Kulturhauptstadt des Kokain in Kolumbien,
angenehm dagegen die Zeiten in Guatemala und Venezuela,
deren Urbevölkerung er am Atitlansee respektive in
der Großen Savanne zu schätzen lernte. So formten
die Begegnungen mit der Macht und dem Elend, mit Präsidenten
und Landarbeitern, Soldaten und Guerilleros ein differenzierte
Weltbild.
Lange Abwesenheiten schaffen stets Entfremdung. Deutschland
war mittlerweile etwas klein geworden, doch das neue Berlin
als Wohnort interessant genug. Ausserdem gab es bei Grotes
Rückkehr ein Projekt, das ihm die Re-Integration erleichterte
– die Idee vom Vereinten Europa. Der Weinbau ist für
Grote der rote Faden, der sich durch alle Länder zieht.
Sein Blick über das Weinglas fiel auf Italien, auf
Frankreich und Spanien, auf Portugal und Österreich,
die Schweiz. Wieder trat Grote neue Reisen an, sprach mit
Winzern, befragte Kellermeister, fotografierte Weinberge,
Kellerein und probierte ...
Grotes Kriminalroman "Tod in Bordeaux" handelt
von einem deutschen Weinhändler und seinem besten Freund,
einem französischen Winzer. Es war das erste Buch der
europäischen Reihe. Inzwischen sind es dreizehn Kriminalromane. Im vergangenen September erschien "Die Insel, der Wein - und der Tod", wie immer im Deutschen Taschenbuch Verlag dtv.
"Am falschen Ufer der Rhône" heißt der nächste Roman und erscheint im August 2017 – mit den bereits bekannten Protagonisten Martin Bongers (Tod in Bordeaux und Der Wein des KGB) sowie Thomas Achenbach (Der Champagner-Fonds und Ein Riesling zum Abschied) ...
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